Hafenbahn I: Aschaffenburg Süd - Aschaffenburg Staatshafen - Geschichte des Neuen Aschaffenburger Hafens

Geschichte des Neuen Aschaffenburger Hafens

Mit der Angliederung der Gemeinde Leider im Jahre 1901 an die Stadt Aschaffenburg waren die Voraussetzungen für den Bau eines "Neuen Hafens" und damit der Fortführung der Mainkanalisation von "Offenbach bis zur Aschaffenburger Straßenbrücke mit rund 42 km Länge" gegeben. Die Vorgeschichte wird in der Festschrift "Maingroßschiffahrt bis Aschaffenburg und Neuer Hafen Aschaffenburg" von 1921 wie folgt geschildert:

Um die Schiffahrt auf dem Main, die durch die Erbauung der Eisenbahn wesentlich zurückgegangen war, wieder zu heben, wurde in den Jahren 1883 bis 1886 die Mainstrecke von der Mündung in den Rhein bis nach Frankfurt kanalisiert und so für die Rheinschiffe ohne Leichterung befahrbar gemacht.
1898-1900 wurde die Mainstrecke bis Offenbach ausgebaut. Am 21.04.1906 kam der Staatsvertrag zwischen Bayern, Preußen, Baden und Hessen zustande, der die Fortsetzung der Mainkanalisierung bis Aschaffenburg sicherte [...] Verschiedene Hindernisse ermöglichten erst im Jahre 1914 den Beginn der Bauarbeiten.

So entstand in den Jahren 1914 bis 1921 der erste bayerische Umschlag-, Handels- und Sicherheitshafen am kanalisierten Untermain.
Der Hafen Aschaffenburg liegt bei Flußkilometer 83,3 am linken Mainufer. An die 50 m breite Hafeneinfahrt schließt sich das Wendebecken mit einem Durchmesser von 130 m an. Es folgen das Längsbecken mit Hafenbecken I, 400 bzw. 440 m lang und 70 m breit. Die Wassertiefe des Längsbeckens und des Hafenbeckens II, die auch als Schutzhafen dienen, beträgt 5,30 m, die des Hafenbeckens I 3,04 m.
Die damalige wirtschaftliche Bedeutung des Hafens war in erster Linie seiner Lage als Endhafen zuzuschreiben.
Mit leistungsfähigen Umschlageinrichtunge ausgestattet, diente er einmal als Umschlagplatz für feste Brennstoffe und Industriegüter des Verbrauchergebietes, zum anderen als Umschlagplatz für Güter im Durchgangsverkehr von den rheinischen Industriegebieten nach Bayern und Osteuropa.

In der genannten Festschrift hieß es dazu:
Der Ruhrkohlenbedarf für das bayerische Netz der Reichsbahn wird, soweit er auf dem Wasserweg zur Beförderung kommt, zur Zeit im Rheinhafen Gustavsburg bei Mainz umgeschlagen. Durch den jetzt erfolgten Ausbau der Großschiffahrtsstraße bis Aschaffenburg wird es ermöglicht, diesen Umschlag auf dem für diesen Zweck erbauten Dienstkohlenkai am Becken II des Neuen Hafens Aschaffenburg vorzunehmen. Zur Bewältigung dieser Arbeit sind zwei Verladebrücken und sechs Vollportalkranen daselbst errichtet. Die zwei fahrbaren Verladebrücken, die die ganze Lagerplatz- und die Anlegewasserfläche des südlichen Hafenbeckens II bestreichen, haben je 49,25 m Spannweite und 97 m Länge [...]. Der Stück- und Massengüterumschlag an den staatlichen Werfthallen wird durch zwei fahrbare elektrisch angetriebene Halbportalkrane, die drei Gleise überspannen, betätigt. Die Krane mit
16,5 m Ausladung haben eine Tragkraft von 400 kg und sind mit Lasthaken und Selbstgreifern ausgerüstet [..].

Mit der Weiterführung der Mainkanalisierung und dem Verlust der Endhafenfunktion schrumpfte das Einzugsgebiet des Hafens auf das Gebiet der Stadt und der Landkreise Aschaffenburg, Miltenberg, Main-Spessart, Main-Tauber, Dieburg und Odenwald [...]. Der wirtschaftliche Schwerpunkt des Hafens Aschaffenburg liegt heute im Beitrag zur Sicherstellung der Energieversorgung aus festen und flüssigen Brennstoffen, im Umschlag von Baustoffen, chemischen Produkten und Zellstoff, auf dem Gebiet der Getreide- und Futtermittelversorgung, des allgemeinen Massen- und Stückgutumschlags, der Umwelttechnik und Recyclingwirtschaft. Neben der reinen Verkehrsfunktion kennzeichnen mehr und mehr Lagerung, Handel und Industrieansiedlung das Hafengeschehen. (aus "Leben in Leider - Portrait eines Stadtteils", 1995).

Soweit die Hafenentwicklung bis 1995, doch bis heute hat sich der stetige Wandel fortgesetzt. Eine Zäsur stellt sicher die 2005 erfolgte Überleitung der Landeshafenverwaltung in die privatwirtschaftlich organisierte Bayernhafen GmbH & Co.KG dar. Als 1920 die Ländereisenbahnen auf das Reich übergingen, hat sich das Land Bayern seine staatlichen Häfen, die vor allem zur Versorgung der Bayerischen Staatsbahn ausgebaut worden waren, vertraglich zurückbehalten. Bisher von der Eisenbahnverwaltung als Nebenbetriebe geführt, wurden als neue Organisationsform 1925 die Hafenämter Ludwigshafen, Aschaffenburg, Regensburg und Passau eingerichtet. Gemeinsam bildeten sie die Landeshafenverwaltung innerhalb der Staatsbauverwaltung, die wiederum dem Staatsministerium des Inneren unterstand. 1953 wurden die als Einzelbetriebe verwalteten Hafenämter zu einem kaufmännisch geführten Wirtschaftsbetrieb zusammengefasst.

Mit der Stillegung und Demontage des Kraftwerkes der Bayernwerke endete 2000 nach fast 80 Jahren der einst dominierende Kohlenverkehr im Aschaffenburger Hafen. Nach dem Schock der überraschenden Entscheidung zur Stillegung beschleunigte sich noch der Wandel vom Transithafen zum heutigen Industriehafen und Logistikzentrum.

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